Tips zum Selbstschutz für Ärzte 1

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Tips zum Selbstschutz für Ärzte I

Patient wird gefährlich – So beherrschen Sie die Situation

Gewalt in den Praxen und Kliniken werden wir nie ganz verhindern können, aber wir können uns schützen. In jedem Fall sollten wir einige Regeln beachten:

Zunächst mal – rechnen Sie mit verbaler oder tätlicher Gewalt! Entwickeln Sie ein gewisses Risikobewusstsein und bereiten Sie sich gedanklich und organisatorisch vor. Erinnern Sie sich an Situationen, die bedrohlich waren, wie haben Sie gehandelt, was hat Ihnen geholfen, was haben Sie vielleicht vermisst? Das gibt Ihnen erste Anhaltspunkte.

Nicht einfach weiter machenl

Entscheiden Sie sich bewusst auch als Arzt für einen ausreichenden Selbstschutz! Zum Beispiel: “Mein Leben und meine Unversehrtheit sind mir genauso wichtig wie mein Wunsch zu helfen.” So verhindern Sie blindes Weitermachen in Gefahr, gewinnen den Abstand, um gegebenenfalls gut überlegt und mit professioneller Absicherung eine gefährliche Arbeit doch weiter zu machen.

Entwickelt sieh in der Arbeit mit einem Patienten ein Konflikt, liegt die “Spannung förmlich in der Luft”, tun Sie nicht so, als ob nichts los sei. Sprechen Sie Ihren Eindruck aus, setzen Sie eine Grenze, z B.: “Wir verstehen uns nicht, so kann ich Ihnen nicht helfen”

Wenn eine Beleidigung oder sonstige aggressive Handlung eingetreten ist, brechen Sie ihr medizinisches Handeln ab. Rufen Sie “Stopp, das reicht!” Definieren Sie ihre Grenze klar und unmissverständlich. Eine Zigarettenpause, ein Gespräch o. Ä. können beiden Seiten helfen, sich zu entspannen.

Patient einfach rauswerfen?

Als Arzt in der eigenen Praxis oder als Klinikarzt können Sie das Hausrecht ausüben, jemanden auffordern das Gebäude zu verlassen. Geht dies aus medizinischen Gründen nicht, arbeiten Sie nicht ungeschützt weiter.

Kommt es zu einer Eskalation, zu einer Gewalttat oder auch zu einem Behandlungsabbruch durch Sie, schützen Sie sich unbedingt juristisch. Dokumentieren Sie genau, wie Sie beleidigt, bedroht oder aggressiv behandelt wurden. Dokumentieren Sie Ihre medizinischen Maßnahmen, insbesondere wie Sie die Kontinuität der medizinischen Versorgung sichergestellt haben, z. B. durch Verlegung, Überweisung o. A. Halten Sie fest, warum dies ohne Gefahr für den Patienten möglich war. Informieren Sie umgehend etwaige Vorgesetzte, in freier Praxis ggfs. Kollegen, Ihren Anwalt oder durchaus auch einmal die Polizei.

Wenden Sie selbst niemals direkte körperliche Gewalt an, es sei denn bei unmittelbare Gefahr. Dies sollte dann auch genau dokumentiert werden. Im Zweifelsfall holen Sie die Polizei, allein deren Anwesenheit kann schon viel nützen.

Immer einen Fluchtweg offen lassen

Lassen Sie sieh unbedingt einen Fluchtweg, d. h. eine Tür, die durch den Patienten nicht versperrt werden kann. (Dies sollte man umgekehrt auch verängstigten oder erregten Patienten zugestehen, die sich sonst in die Ecke gedrängt fühlen.)

Bei nachhaltigem Schock, z. B. nach Verletzung, sorgen Sie für Ihre Ablösung. Wenn dies in der Praxis nicht sofort möglich ist, verkürzen Sie die Sprechstunde oder schieben Sie eine 15-minütige Pause ein. Trinken Sie etwas Warmes, sprechen Sie mit jemandem, dem Sie vertrauen.

Judokurs stärkt Selbstbewusstsein

Stellen Sie Angst, Wut oder eine bisher unbekannte Unsicherheit an sich fest, die länger als 24 Stunden anhält, sprechen Sie mit einem in Psychotraumatologie erfahrenen Kollegen. Dies wird Ihnen kurzfristig helfen und benötigt meist nur wenige Gespräche. Unter Umständen erhalten Sie den Rat, einen Selbstverteidigungskurs zu besuchen. Dort lernen Sie neben Abwehrmaßnahmen den Einsatz der Stimme und die Überwindung der Angstlähmung. Das vermittelt häufig ein deutliches Plus an Selbstsicherheit.

Weitere Hinweise zum Umgang mit potenziell gewalttÄtigen Patienten finden Sie unter:

http://www.global-lernen.de/frieden/konflikt/bedroh/bedr-17.htm

Dr. Bernhard Mäulen
Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
St. Nepomukstr.1/2,
78648 Villingen

Aus: MMW-Fortschr.Med. 6 Nr. 43 / 2000 (142. Jg.)